«Ein Kompromiss ist selten eine gute Lösung»
Der neue Parteipräsident im Interview über das Potential kleiner Parteien in Schaffhausen und seine Ziele für die ÖBS.
Sie haben im März das Präsidium der Ökoliberalen Bewegung übernommen. Wo steht die Partei heute?
Die Frage, die wir uns stellen müssen, ist ob wir eine gute lokale Politik betreiben. Daraus leitet sich die Daseinsberechtigung einer Partei ab. Um aber neben den immer zahlreicheren Initiativen und Abstimmungslämpfen noch eigene Akzente zu setzen, brauchen wir mehr Ressourcen. Wenn das Tempo so weitergeht, werden die aktiven Mitglieder aufgerieben.
Welche Rolle soll die ÖBS in der Parteienlandschaft denn überhaupt spielen?
Als einzige Partei vertreten wir die Ökologie. Natürlich werden Sie jetzt gleich einwenden, alle anderen Parteien seien doch auch grün, sozial, liberal und so weiter – so wie wir es auch für uns in Anspruch nehmen. Nur sind es manchmal Etiketten, die sich in Luft auflösen, sobald es drauf ankommt. Alle sind grün, solange es nicht weh tut. Die Energiewende oder die 2000-Watt-Gesellschaft verkommen zu Schlagworte, wenn wir nicht bereit sind, Konsequenzen zu tragen.
Dann stimmt es also, sind die Grünen eine Verbotspartei?
Wenn wir etwas wirklich schützen und erhalten wollen, dann kommen wir nicht umhin, öfters «Nein» zu sagen. Naturschutz ist per Definition eine Einschränkung der Möglichkeiten. Wir wollen den uns folgenden Generationen ökologisch und ökonomisch lebenswerte Grundlagen hinterlassen. In meinen Augen ist das ein «Ja» für die Zukunft und ein lohnenswertes Ziel.
Kleine Parteien werden zwischen den Polen aufgerieben. Wie kann sich die ÖBS da behaupten?
Genau von der Vielfalt lebt doch die Demokratie. Hätten wir nur noch zwei Blöcke, würde auch die politische Debatte ärmer. Als kleine Partei müssen wir kreativer und frecher sein, um wahrgenommen zu werden. Ich möchte die ÖBS stärken, damit sie sich aktiv im politischen Geschehen einbringen kann und ihre Stimme gehört wird. Es wird auch notwendig sein, sich mit anderen Parteien zu verbünden, um gewisse Ziele zu erreichen.
Welche Ziele?
Ich engagiere mich politisch, weil ich etwas bewegen möchte. Ich bin überzeugt, dass es neben mehr Wachstum einen anderen Weg gibt und dass eine Gesellschaft funktionsfähiger ist, wenn auch das soziale Gleichgewicht stimmt. Momentan wird der Diskurs aber überschattet, weil nur noch extreme Standpunkte wahrgenommen werden.
Sie suchen den Konsens zwischen den Blöcken?
Nein, wenn immer möglich, versuche ich das durchzusetzen, was ich richtig finde. Wenn es nicht anders geht, dann kann man über einen Kompromiss diskutieren. Ich selbst bin von Natur aus nicht besonders konsensfreudig. Damit riskiere ich zwar Niederlagen, aber als Gemeindepräsident von Hemishofen habe ich die Erfahrung gemacht, dass eine klare Linie geschätzt wird, auch wenn schliesslich keine andere Möglichkeit bleibt, als einem Kompromiss zuzustimmen. Der Kompromiss ist aber selten die bessere Lösung.
Und was sind Ihre persönlichen Ziele?
Politik basiert auf freiwilliges Engagement. Ich betrachte es als ein gemeinsames Ziel des Vorstands, ein Feuer zu entfachen. Denn manchmal erfordert die Situation ein aussergewöhnliches Engagement. Dabei geht es nicht darum, eine permanente Medienpräsenz zu erreichen, sondern die Stimme dann zu erhaben, wenn wir, die ÖBS, gefragt sind.